Cripta Bogdanovich
Es
war im Sommer 2009. Gemeinsam mit einer Freundin holperte ich per
Mietwagen auf unbefestigten Wegen durch die rumänischen Berge in das
abgelegene Dorf. Über diesen Ort wurde mir nur wenige Wochen vor meiner
Reise folgende Geschichte zugetragen, die dazu führte, dass ich ihn
unbedingt aufsuchen wollte:
Hier lebte Mitte des 19. Jahrhunderts die Adlige Leopoldina Stojanovic.
Diese heiratete Vilibald Bogdanovic / Bogdanovich (Sohn des serbischen
Kommandanten David Bogdanovic der ungarisch-österreichischen Armee).
Kaiser Franz Josef schenkte die Domäne mit 4700 ha David Bogdanovic und
verlieh ihm den Titel des Barons.
Die meiste Zeit lebten Leopoldina und Vilibald (gestorben vor 1880) in
Budapest, sie hatten einen Sohn namens Ferencz (1862-1881). Zwischen Juni
und September hielt sich Leopoldina immer in ihrem kleinen Schloss
oberhalb des Ortes auf, von dem heute nur noch minimale Ruinen vorhanden
sind. Nach dem Tod Vilibalds heiratete Leopoldina ihren zweiten Mann Karol
von der Osten und nannte sich von da an Karolyne von der Osten. Nach 1881
kam Leopoldina (Karolyne) nur einmal in das Dorf zurück, im Jahr 1918, den
Rest ihres Lebens verbrachte sie in Nürnberg.
Das eigentlich Interessante war für mich jedoch nicht die abgelegene
Schlossruine, sondern das Grab von Leopoldinas Sohn Ferencz. Leopoldina
bestattete ihn in einem gläsernen Sarg in einer Gruft am Waldrand. Das
Grab wurde in den 70ern aufgebrochen, Ring und Schwert von Ferencz wurden
gestohlen. Makabererweise legte der Dieb den Leichnam von Ferencz vor die
Gruft ans Ufer des kleinen Flusses Bega, wo ihn ein Mann aus dem Dorf
fand, zurück in die Gruft brachte und diese vermauerte. Der Sarg mit dem
Glasdeckel zerbrach Ende der 80er, als zwielichtige Personen die Gruft
erneut aufbrachen. Sie stahlen den steinernen Tisch, auf dem der Sarg
aufgestellt war, nach 2002 wurden zudem das eiserne Tor sowie die Statuen
aus der Gruft entwendet. Traurig und in jeder Hinsicht unverständlich.
Doch was die Geschichte für mich so interessant machte, war die Erzählung,
dass der Corpus von Ferencs sowie der Sarg durch ein kleines Loch noch
immer zu sehen seien.
Ohne die handgezeichnete Karte mit Wegbeschreibung in Englisch, die mir
übermittelt wurde, hätten wir die Gruft sicherlich nicht so schnell
gefunden, aber auch mit ihnen war der kurze Weg nicht ganz einfach. Selbst
die Fahrt war abenteuerlich - so stand am Straßenrand ein Autowrack, aus
dem bereits ein Baum wuchs. Hinter dem Dorf stellten wir den Wagen ab und
gingen zu Fuß weiter. Hierbei überquerten wir eine schmale und mehr als
morsche Brücke aus modrigen losen Planken, schlugen uns durch eine
mannshohe Wiese und erreichten so den am Bach gelegenen Eingang zur Gruft,
von dem mehrere Efeu-Ranken wuchsen. Entgegen meiner Information lag der
Leichnam nicht frei zugänglich darin, was mich auch mehr als verwundert
hätte, sondern in einer tiefer gelegenen Grabkammer, die in den 90ern
wiederholt vermauert wurde. Aus dieser war jedoch ein kleines Stück heraus
gebrochen, so dass wir dennoch einen Blick hinein werfen konnten. Das Loch
war jedoch so klein, dass lediglich eine kleine Kompaktkamera hindurch
passte, um ein paar Aufnahmen zu machen. Der verzierte Metallsarg mit der
Einfassung des einstigen Glasdeckels war noch zu sehen, ebenfalls
Beinknochen, welche durch die starke Feuchtigkeit auf fast unnatürliche
Weise gänzlich geschwärzt waren.
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